Shitney Beers in Bremen
Begrüßt wurde ich auf dem Konzert von Tommi, der ein Begleitung mitgenommen hat. Auf die Frage, woher ich ihn kenne, musste ich erstmal mit nachdenken antworten (gemeinsame Freunde), auf die Frage, woher sie sich kennen, kam wie aus der Pistole geschossen “Tinder”. Der Beziehungsstatus wurde mit “wir sind noch in der Redephase” angegeben, darunter konnte ich mir nicht viel vorstehen aber wollte auch nicht mehr nachfragen.
Vorband war Wrong Chat, ein Schlagzeuger und ein Gitarrist aus Bremen, die merkbar in ihrer Musik versanken, die starke Anleihen am Grunge nahm. Manche Songintros haben einen direkt an Nirvana erinnert. Die Durchsagen waren nicht perfekt abgestimmt, ein- zwei kleine Spielfehler gab es - man merkt, dass hier um die Grenze zwischen “Ich machs für den Spaß” und Professionalität geschwankt wird. Eine schöne Durchsage fand ich, dass sie ihr erstes Tape mit einer Auflage von 20 nach ein paar Jahren nochmal drucken mussten, weil das Nationalarchiv keine Referenzkopie bekommen hat…
Zwischen den Bands musste ich aufs Klo und durfte vom Fernen beobachten, dass die beiden von der Redephase offensichtlich direkt zum Knutschen übergegangen sind. Durfte man hier den ersten Knospen einer erblühenden Liebe beiwohnen?
Shitney Beers kamen etwas unterbesetzt (ein Gitarrist fehlte) und mit ausgewechseltem Bassisten, weil eine Krankheit umging. Dabei waren Synthesizer/Keys, Gitarre, Schlagzeug, Bass. Die Sängerin hat neben der Gitarre noch Banjo gespielt. Die Musik war geprägt von meiner Meinung nach sehr übertrieben scheuen (die Band tourt seit 2018 durch die Republik …) Durchsagen, traurigen Texten, die sich um Depression, Selbsthass, Gender-Nonkonformität und andere Themen der spätkapitalistischen Selbstbespiegelung drehten. Die Musik war gut, der_die Drummer im Speziellen, aber die Texte haben mich nicht so abgeholt. Schön war das Gefühl von geteiltem Leid zwischen Publikum und Band, die laut Eigenaussage die letzte Tour drehen - danach geht es für die Sängerin ins Vulkanologiestudium. Schön war auch der Fakt, dass meine beiden Mitbesucher sich immer mehr in die Arme fielen und eng umschlungen getanzt haben. :)
Jedes Mal, wenn ich ein Review schreibe, muss ich an Jakob denken, der mir sagte, dass er die am liebsten liest, wenn ich sehr begeistert von einem Konzert war. Das war ich hier tatsächlich nicht. Ich schreibe dass aber, um meine Erlebnisse wiederzugeben, und dass muss auch nicht begeistert gewesen sein. Konzerte sind auch schön, wenn sie einen nicht vom Hocker reißen, und sich in der Musik zu verlieren muss nicht immer Ekstase heißen. Eine andere Welt muss nicht supertollrichtiggeil sein, damit man sie betreten will.
I was greeted at the concert by Tommi, who had brought a companion. When I was asked how I knew him, I had to answer first by thinking about it (mutual friends). When I asked how they knew each other, the answer was ‘Tinder’. The relationship status was given as ‘we are still in the talking phase’, I couldn’t imagine much about that, but I preferred to stop asking.
The support band was Wrong Chat, a drummer, and a guitarist from Bremen, who visibly immersed themselves in their music, which took strong cues from grunge. Some song intros reminded you directly of Nirvana. The announcements weren’t perfectly coordinated, there were one or two small mistakes – you could tell that they were wavering between ‘I’m doing it for the fun of it’ and professionalism. I liked the announcement that they had to reprint their first tape with a circulation of 20 after a few years because the national archive did not receive a reference copy…
Between the bands, I had to go to the toilet and was able to observe from afar that the two of them obviously went straight from the speaking phase to kissing. Were we witnessing the first bud of a blossoming love here?
Shitney Beers came a bit understaffed (a guitarist was missing) and with a replaced bassist because of illness. The band consisted of synth/keys, guitar, drums, and bass. The singer also played the banjo as well as the guitar. In my opinion, the music was characterized by very exaggerated shyness (the band has been touring Germany since 2018…) and sad lyrics that revolved around depression, self-hatred, gender nonconformity and other topics of late capitalist self-reflection. The music was good, especially the drummer, but the lyrics didn’t really speak to me. It was nice to feel the shared suffering between the audience and the band, who, according to their statement, were on their last tour – after that, the singer is going to study volcanology. It was also enjoyable to see my two fellow visitors dance more and more closely entwined and in each other’s arms. :)
Every time I write a review, I think of Jakob, who told me that he likes to read the ones where I was very enthusiastic about a concert. I actually wasn’t here. But I write this to reflect my experiences, and that doesn’t have to be enthusiastic. Concerts are also enjoyable when they don’t blow you away, and losing yourself in the music doesn’t always have to mean ecstasy. Another world doesn’t have to be super-awesome-cool for you to want to enter it.