Ich habe lange überlegt, ob ich wirklich drei Konzertreviews hintereinander schreiben soll, aber nun habe ich dank der deutschen Bahn vier Stunden totzuschlagen und nicht wirklich etwas anderes zu tun, also here goes.

Das erste Konzert waren auf Einladung von Sabine die Los Bitchos im Schlachthof in Bremen, mit Support von Eilis Frawley. Die waren Bass, Schlagzeug und Synthesizer, ab und an ganz einfallsreich, oft aber auch eintönig. Am spannendsten noch der Gesang, Spoken Word, der seine belanglosen Seiten hatte, dadurch aber in den emotional mitreißenderen Passagen eine gefühlsverstärkende Distanz bewahrte.

Los Bitchos waren einmal Synthesizer, zweimal Gitarre, Bass und Schlagzeug. Ich partizipierte in ein bis zwei Diskussionen zum Genre, wir waren uns am Ende zumindest einig, dass hier Rock, wahrscheinlich sogar alternativer, mit mindestens Cumbia-Einflüssen unterwegs war, die sich mal mehr, mal weniger bemerkbar machten. Im Kopf blieb mir scchönes Merch, Sabines Hausfreundinnen, die Aufmachung der Synthesistin, und das Gefühl eines Konzertes von und für Leute, die die Nacht nicht mehr zum Tag machen müssen, sondern auch ohne ganz gut Spaß haben können.

Das zweite waren drei ehemalige, zu unterschiedlichen Zeiten amtierende Mitglieder der einzig wahren, legendären Improvisationsband Loten, die sich unter dem Nahmen Mhon bzw. Henz & Klöpp musikalisch aneinander versuchten. Grob waren die Stücke zweigeteilt: Einerseits in die Passagen, in denen Mhon ihre Kassettenaufnahmen mit ihrem Klavier und ihrem Gesang anreicherte, ganz vereinzelt gab es auch Stellen, an denen die Stimme aufgenommen und gelooped wurde. Gefallen hat mir die Kombination mit den Kasettenaufnahmen, insgesamt war es mir aber bis auf die spannenden Stellen mit Stimmenwiederholung etwas zu ruhig. Und andererseits in das Zusammenspiel von Henz & Klöpp an Schlagzeug und Gitarre, das mal ausgezeichnet, mal okay funktioniert hat. Am besten haben mir die wenigen Momente gefallen, an denen auch Mhon mit ihrer Stimme ihre Stelle gefunden hat, und zu dritt an der richtigen Tonwelle gewerkelt wurde. Ein entspannter Abend mit vielen alten Gesichtern, die häufigste Feststellung war wohl, das man sich ja wohl seit Jahren nicht mehr gesehen hat.

Der dritte Streich war heute Abend sehr spontan, weil was anderes ausgefallen ist, in der MS Stubnitz ein Doppelkonzerrt von einerseits Wosto und MC Fame bzw. Yao Bobby und Simon Grab. Beide auf ihre Arten Kombinationen von Noise / Weirdem Elektro und Rap, wobei Wosto und MC Fame klar die Vorband waren, Wosto der Producer aus HH mit eigensinnigen Ideen, MC Fame der ukrainische Dub-MC (Imperialismus sei Dank gerade auch in HH) mit einigen sehr gut gerappten Stellen, aber auch vielen Füllerparts und nicht so zündenden Ideen. Interessant die Aussage, dass der Auftritt das von den deutschen Behörden geforderte Praktikum war - so lobe ich mir Integration!

Das deutlich bessere Duo des Abends waren Yao Bobby, ein togolesischer frankophoner Rapper mit dem Producer Simon Grab aus der Schweiz. Die beiden mussten auch oft genug eher ihr Footing finden, mal kam Yao Bobby nicht rein, mal beendete Simon Grab komplett sinnlos gute Parts, aber wenn es funktionierte, funktionierte es gut. Schön und tanzbar waren die Stellen, wo sie sich gegenseitig vorantrieben und synchronisierten - interessant und nicht tanzbar die Stellen, wo sie sich abwechselten.

Das ganze war wohl sekundär eine Geburtstagsfeier mit der Crew von der MS Stubnitz - ich hatt mit ein paar davon geredet, hier scheint sehr viel Herzblut am Werk zu sein. Dieses alte Hochseefischerboot der DDR gewährt einem freizügig Einblick in den stillgelegten Maschinenraum, und Ausblick auf die Hafencity - wenn ihr mal die Gelegnheit habt, schaut rein, hier sind nette Menschen unterwegs. Ich eiste mich trotzdem pünktlich für den letzten Zug los, musste aber dann feststellen, dass dieser gecancelled wurde, und der nächste Flixbus erst um vier in Bremen ankommt - zum Glück hat der Bahnhofsmcdonald 24 Stunden offen.

Vielleicht ist es die späte Stunde, die das harte Herz weich werden lässt, vielleicht der Schlafmangel, der nach dem großen emotionalen Wurf verlangt, um das Wachsein in dieser gottverlassenen Stunde zu rechtfertigen: Aber selbst nach einer Woche praktisch ununterbrochenen Konzerten wird mein Ohr nicht müde. Klar, das wird kein Dauerbrenner, und ich freue mich schon aufs Wandern - doch Konzerte sind etwas schönes. Um vier wieder zuhause anzukommen,, darauf könnte ich gelinder gesagt aber ganz gerne verzichten ;)