Überseefestival in Bremen
Ich kam etwas genervt beim Festivalgelände an. Eigentlich sollte ich den Abend mit meiner Liebsten verbringen, und dann hatte ich meine Sonnencreme und mein Fahrradschloss vergessen und musste deswegen noch einmal eine Schleife drehen, und dann war die erste Band so gar nicht meins. Ich hatte mir schon vorgenommen, nach der nächsten Band zu gehen, wenn es so weiterging, doch dann fingen das Glas Wein und der Plastikbecher Bier endlich zu wirken an, und ich durfte den Auftritt von Teddies Kneipe miterleben.
Die haben Gitarre, Schlagzeug und Bass im Angebot, anscheinend schon einige Jahre Musikerfahrung gesammelt, und überzeugten mit Texten und Durchsagen, die Ironie als Mittel einsetzten, um eine vertraute Atmosphäre zu erzeugen und die kleinen Gemeinheiten des Alltags auf die Schippe zu nehmen. Mein einziger Kritikpunkt wäre wohl, dass die Texte oft nicht verständlich waren, was angesichts der Schnipsel, die ich verstanden habe, sehr schade war. Props an das Schlagzeug, richtig gut gespielt! Mehr Punk als die PKK!
Von dieser musikalischen Erfahrung reenergisiert und mit einem Spritz ausgestattet, ging es dann zu Iginio. Hier gab es wieder Bass, Gitarre und Schlagzeug, wobei hier sehr junge Künstler sehr düstere Lieder spielten. Teilweise hatte es den Vibe, dass einem hier Jugendliche ihren Weltschmerz präsentierten, ohne dass sie von der schon recht viel mitbekommen hätten. Besonders das Solo-Stück vom Gitarristen sowie die Coverversion von Fontaines D.C. konnte ich nicht ertragen, es war aber auch Zeit, wieder etwas aufzutanken. Dafür waren sie musikalisch richtig gut, und wenn das Weltschmerzige nicht zu sehr aufgetragen war, kopierten sie auch super diesen The-Cure-Vibe. Auch hier: Props an den Schlagzeuger, der hat noch eine große Musikkarriere vor sich.
Zwischendurch gab es dann noch eine Trashmetal-Band, die mich wieder gar nicht mitgenommen hat. Danach als (für mich) letzten Act des Abends dann Double Damage Duo, an Gitarre und Sopransaxophon, die Lieder aus Computerspielen und Fernsehserien akustisch coverten. Bei Sailor Moon wurde man zum Mitsingen aufgefordert (das Publikum reagierte verhalten und zögerlich), ansonsten gab es noch Mario, Zelda, Detective Conan, Pokémon, Undertale und diverses anderes zu hören. Das Ganze war in einem kleinen Raum, was eine angenehm kuschelige Atmosphäre erzeugte, wozu auch die merkliche Nervosität und Gerührtheit der Musiker beitrug. Leider führte dies auch dazu, dass der Großteil des Publikums gesessen hat, was der teilweise starken Energie der Stücke nicht gerecht wurde, und auch dazu, dass der Raum sich ziemlich schnell ziemlich aufheizte, da die offenen Fenster sofort übertönenden Lärm von draußen Eintritt boten.
Ich hatte nicht viele Erfahrungen mit einem Gratis-Festival in Bremen, und wurde sehr positiv überrascht. Es gibt eben überall gute Musik, wenn man sie nur sucht. Der Sommer ist hell und voller Wunder. Falls ihr eine der drei Bands wo sehen könnt, macht das!